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Mikrogrün als Antwort auf Überproduktion und Unterernährung

Mikrogrün als Antwort

Microgreens sind nicht einfach nur kleine Pflänzchen, die hübsch auf dem Teller aussehen und gut schmecken. In Wirklichkeit haben sie ganz besondere Superkräfte! Und das nicht nur in Bezug auf ihre Inhaltsstoffe, sondern durch ihre mögliche Antwort auf die steigenden Zahlen der Unterernährung und die schädigenden Wirkungen unserer etablierten Lebensmittelproduktion. Einer Studie zufolge könnte dieses kleine Mikrogrün wahre Wunder bewirken!

Wasser, wir brauchen viel Wasser

Der Wasserverbrauch der Landwirtschaft im Bezug auf die gesamte Wassernutzung stellt sich sehr unterschiedlich dar: Vom landesweit entnommenen Wasser verbrauchen die Landwirtinnen und Landwirte in Deutschland lediglich 1,3%. In Österreich liegt diese Zahl bei ca. 5%. Von dem für Bewässerungszwecke entnommenen Wasser wird nur rund ein Drittel dem Wasserkörper wieder rückgeführt.

Hierzulande zählt die Landwirtschaft also zu den Wirtschaftsbereichen mit dem geringsten Bedarf an Grund- und Oberflächenwasser. Global sieht das allerdings ganz anders aus: Allein in Europa gehen laut der Europäischen Umweltagentur bereits 24% der Wasserentnahmen auf das Konto der Landwirtschaft, weltweit sind es sogar 70%. Gut 40% aller Lebensmittel stammen global von bewässerten Flächen, berichtet die Welternährungsorganisation FAO.

Wir essen mehr und ernähren uns weniger

Die Lebensmittelproduktion hängt auch stark von der Verwendung von Düngemitteln und Pestiziden ab, was sich nachteilig auf die biologische Vielfalt des Ökosystems auswirkt. Darüber hinaus konzentriert sich der Anbau zunehmend auf die Massenproduktion von wenigen Grundnahrungsmitteln. Dies reduziert den Nährwert in den einzelnen Pflanzen und macht diese weniger widerstandsfähig gegenüber Umweltveränderungen. Die Hochskalierung der derzeitigen landwirtschaftlichen Praktiken stellt keine praktikable Lösung für die Ernährung der Weltbevölkerung dar.

In Bezug auf die Gesundheit führt uns dieses Konzept der Produktion zu einer Überernährung mit gleichzeitiger Mangelernährung. Dies zeigt sich unter anderem daran, dass ein Drittel der Weltbevölkerung übergewichtig und/oder unterernährt ist. Zusätzlich schafft es für die städtische Bevölkerung eine Abhängigkeit an langen Lebensmittelketten, stark verarbeiteten und verpackten Nahrungsmitteln mit kurzer Haltbarkeit und schlechten Transportfähigkeiten. Selbst frische Produkte haben während des Transportes wahrscheinlich einen erheblichen Nährwert verloren.

Ein spezifisches Ernährungsproblem, welches in Industrie- und Entwicklungsländern häufig auftritt, ist die Mangelversorgung an Mineralien. Über 60% der sieben Milliarden Menschen auf der Welt leiden an einer Eisen-Unterversorgung, 30% an einer Zink-Unterversorgung und 15% an einem Selen-Mangel. Die derzeitigen Maßnahmen zur Minderung der Mangelversorgung an Mineralien konzentrieren sich auf die Entwicklung der Biofortifizierungs-Methoden und gentechnisch veränderten Pflanzen, für eine maximale Nährstoffaufnahme. Wollen wir das Wirklich?

Könnte Mikrogrün eine maßgebliche Antwort sein?

Mikrogrün als Antwort auf Überproduktion und Unterernährung

Eine neu aufkommende Kultur, ohne Biofortifizierung und Gentechnik, sind Microgreens.
Microgreens sind essbare gekeimte Samen, welche etwa 7-14 Tage nach der Keimung, sobald sie zwei voll entwickelte Keimblätter haben, geerntet und frisch verzehrt werden. Eine große Vielzahl an Kräutern (zb. Basilikum oder Koriander), Gemüse (zB. Radieschen oder Brokkoli) und sogar Blumen (zB. Sonnenblumen) werden als Mikrogrün angebaut. Mikrogrün enthält teilweise die 4-40-fache Menge an Nährstoffen und Vitaminen, als das später reife Gemüse. Durch die Nährböden können die Nährwerte zudem signifikant beeinflusst werden.

In der Studie “Brokkoli-Mikrogrün: Eine mineralstoffreiche Kultur, die Lebensmittelsysteme diversifizieren kann” wurden die Samen bis zur Keimung 36 Stunden im Dunkeln gehalten und anschließend konstantem Licht ausgesetzt.

Dabei wurden für die Microgreens drei unterschiedliche Anbaumethoden verwendet:

  1. Kompost
  2. Hydroponisch mit einer 0,4%igen Lösung von General Hydroponics FloraGro Advanced Nutritient System©
  3. Wasser

Obwohl alle drei verschiedenen Anbaumethoden den Nährwert der resultierenden Microgreens wesentlich beeinflussten, zeigten die Ergebnisse, dass besonders Brokkoli-Mikrogrün in Bezug auf mehrerer untersuchten Mineralien einen deutlich überlegenen Nährwert gegenüber dem reifen Gemüse aufwies.

Das Mikrogrün brachte im Vergleich zum ausgewachsenen Brokkoli unabhängig von der Züchtung einen höheren Gehalt an Phosphor, Kalium, Magnesium, Mangan, Kupfer, Kalzium, Eisen und Zink mit sich.
Die Daten zeigen außerdem, dass Brokkoli-Mikrogrün im Vergleich zum ausgewachsenen Gemüse etwa 200 mal weniger Wasser benötigt und nur 5% der Zeit in Anspruch nimmt, bis er geerntet werden kann. Und dies völlig Pestizid-frei.

SuperFood von der eigenen Fensterbank

Die Ergebnisse dieser Studie legen uns also nahe, dass Mikrogrün u.a. als sehr gute Mineralienquelle gesehen werden kann. Viel Lebensmittel auf weniger benötigter Fläche, wodurch eine vitalstoffreiche Ernährung bei deutlich besserem Zugang möglich wird. Und besonders im urbanen Raum könnte diese Tatsache gar wundervolle Auswirkungen haben. Es lohnt sich also, es einfach mal selbst auszuprobieren, wie wundervoll einfach es ist, das eigene SuperFood in der Fensterbank wachsen zu lassen und damit evtl. einer landwirtschaftlichen Revolution beizuwohnen.

Quellen:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5362588
https://www.landwirtschaft.de/diskussion-und-dialog/umwelt/wie-viel-wasser-steckt-in-landwirtschaftlichen-produkten

https://www.bmlrt.gv.at/wasser/nutzung-wasser/wasserversorgung/Trinkwasser.html